Das Ergebnis: wertvolle Punkte gehen verloren,
nicht weil das Wissen fehlt, sondern weil es nicht korrekt angewendet oder
präsentiert wird.
In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen die häufigsten
Fehler, die immer wieder in Klausuren auftreten – von der Zwischenprüfung
bis zum Examen. Wenn Sie wissen, worauf es ankommt, können Sie Ihre Klausuren
strukturierter angehen und vermeiden, dass formale oder methodische Schwächen
Ihre Note drücken.
1. Allgemeine Klausurfehler – die Klassiker
Diese Fehler passieren quer durch alle Rechtsgebiete. Sie kosten unnötig
Punkte und lassen sich mit etwas Übung leicht vermeiden.
1.1 Sprache
und Ausdruck
- Verwenden
Sie klare und präzise Formulierungen.
Lange Schachtelsätze, Füllwörter wie „klar“ oder „zweifelsohne“ sowie Umgangssprache („kriegen“ statt „bekommen“) sollten vermieden werden. - Juristische
Terminologie ist wichtig, aber bitte nicht überfrachten.
Ein zu technischer Text wirkt schnell unverständlich. - Achten
Sie auf korrekte Schreibweise juristischer Begriffe – kleine Fehler
wie „kommolativ“ statt „kumulativ“ wirken unprofessionell.
- Lesen Sie
Ihre Klausur am Ende noch einmal kurz durch, um Flüchtigkeitsfehler zu
entdecken.
1.2
Gutachtenstil richtig anwenden
- Der
Gutachtenstil ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um
problematische Punkte sauber zu prüfen.
Unproblematisches kann im Feststellungsstil kurz dargestellt werden.
Falsch:
„A und B haben einen Kaufvertrag geschlossen, da sie sich über die
Übereignung geeinigt haben.“
Richtig:
„A und B könnten einen wirksamen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB
geschlossen haben.
A bot im Sinne des § 145 BGB dem B den Fernseher zu einem Kaufpreis von 500 €
an. B nahm dieses Angebot fristgerecht im Sinne des § 147 Abs. 1 BGB an, sodass
beide übereinstimmende Willenserklärungen für das wirksame Zustandekommen eines
Kaufvertrages gemäß § 433 BGB vorliegen.“
- Definitionen
dürfen nicht nur genannt, sondern müssen sauber in die
Subsumtion eingebaut werden – der Sachverhalt muss in die Norm
„hineinpassend“ geprüft werden.
1.3
Sachverhalt nicht „zurechtbiegen“
- Bleiben
Sie streng beim Text des Sachverhalts.
Interpretieren Sie nichts hinein, was nicht dort steht, und lassen Sie nichts weg. - Jede
Angabe im Sachverhalt hat in der Regel eine Bedeutung.
Beispiel: Mehrere Datumsangaben deuten auf Fristprobleme hin. - Prüfen
Sie nicht auf Basis des „gesunden Menschenverstands“, sondern immer auf
Grundlage der vorgegebenen Informationen aus dem Sachverhalt.
1.4
Schwerpunktsetzung
- Arbeiten
Sie das Problematische ausführlich und im Gutachtenstil heraus.
- Unproblematisches
sollte knapp dargestellt werden.
► Wer einfache Punkte zu lang ausführt, signalisiert Unsicherheit und verschenkt Zeit. - Konzentrieren
Sie sich auf das Wesentliche: „Was will die Fallfrage wissen?“
1.5 Logik und
Aufbau
- Ein gut
strukturierter Aufbau ist die halbe Miete.
- Prüfen
Sie zuerst, ob ein Anspruch überhaupt entstanden ist, bevor Sie
Untergang oder Durchsetzbarkeit prüfen.
- Im
Strafrecht gilt: Vorsatz vor Fahrlässigkeit, Tun vor Unterlassen,
vollendet vor versucht.
- Zwischenergebnisse
helfen, den Leser zu führen und Ihre Argumentation klarzumachen.
- Arbeiten
Sie mit klaren Überschriften und Obersätzen, damit der Korrektor
Ihren Gedankengang nachvollziehen kann.
1.6 Normen
sauber zitieren
- Geben Sie
Normen vollständig an:
§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO – nicht nur „§ 40 VwGO“. - So zeigen
Sie, dass Sie die Vorschrift genau kennen und richtig anwenden.
- Ein
sauberer Normbezug signalisiert Sorgfalt und Professionalität.
1.7 Die
Fallfrage beachten
- Klingt
banal, wird aber oft übersehen: Lesen Sie die Fallfrage genau!
- Geht es
um Ansprüche?
- Oder um
die rechtliche Bewertung der Gesamtsituation?
2. Zivilrecht – typische Fehlerquellen
Das Zivilrecht ist das Herzstück vieler Klausuren im Jurastudium. Hier gibt
es klare Strukturen, die unbedingt eingehalten werden müssen. Schon kleine
Ungenauigkeiten führen sonst dazu, dass Sie sich im Aufbau verirren oder Punkte
verlieren.
2.1
Anspruchsaufbau strikt einhalten
- Merksatz:
„Entstanden – Untergegangen – Durchsetzbar“
- Prüfen
Sie immer in dieser Reihenfolge und stellen Sie sicher, dass Sie:
- den
Anspruchsgrund genau benennen,
- alle
Voraussetzungen prüfen,
- erst
danach prüfen, ob er untergegangen oder nicht durchsetzbar ist.
- Vermeiden
Sie, Prüfungspunkte zu vermischen.
→ Beispiel: Pflichtverletzung nicht gleichzeitig mit Vertretenmüssen prüfen.
2.2
Abstraktionsprinzip beachten
- Typischer
Fehler: Eigentum wird aus dem Kaufvertrag „abgeleitet“.
► Falsch! Eigentumsübergang folgt immer aus den Regeln des Sachenrechts. - Der
Eigentumsanspruch wird nicht aus dem schuldrechtlichen Vertrag
hergeleitet.
- Im
Zweifel formulieren Sie einen kurzen Zusatzsatz:
„Der Kaufvertrag verpflichtet nur zur Übereignung. Die Eigentumsübertragung erfolgt nach § 929 BGB.“
2.3
Vertretenmüssen ≠ Verschulden
- In § 280
Abs. 1 S. 2 BGB wird das Vertretenmüssen geprüft, nicht nur das
Verschulden.
- Das
Vertretenmüssen ist weiter gefasst und umfasst auch Fälle, in denen jemand
für fremdes Verschulden haftet, z. B. nach § 278 BGB (Erfüllungsgehilfe).
- Tipp: Machen
Sie sich klar, dass das Vertretenmüssen der Oberbegriff ist – Verschulden
ist nur ein Teil davon.
2.4
Schadensrecht sorgfältig prüfen (§§ 249 ff. BGB)
- Häufig
werden die Grundlagen des Schadensrechts zu oberflächlich geprüft.
- Prüfen
Sie bei Schadensersatz immer systematisch:
- Schaden: Liegt
ein ersatzfähiger Schaden vor?
- Kausalität: Wurde
er durch die Pflichtverletzung verursacht?
- Rechtsfolge: Welche
Form des Schadensersatzes ist einschlägig (§§ 249 ff. BGB)?
- Häufig
vergessen: der Unterschied zwischen Naturalrestitution (§ 249 BGB)
und Geldersatz (§ 251 BGB).
2.5 Ansprüche
vs. Gestaltungsrechte unterscheiden
- Anspruch: jemand
kann von einem anderen ein Tun oder Unterlassen verlangen.
- Gestaltungsrecht:
verändert unmittelbar eine Rechtslage, ohne dass eine Handlung des anderen
nötig ist (z. B. Rücktritt, Anfechtung).
- Typischer
Fehler:
Studierende prüfen ein Gestaltungsrecht wie einen Anspruch – das führt zu falschem Aufbau und Punktabzug.
► Achten Sie darauf, den richtigen Einstieg zu wählen!
Tipp am Rande:
Wenn Sie unsicher sind, welcher Anspruch oder welches Recht einschlägig ist,
überlegen Sie,
- ob jemand
etwas von jemand anderem will (Anspruch), oder
- ob jemand
allein durch Erklärung etwas ändern kann (Gestaltungsrecht).
3. Strafrecht – typische Fehlerquellen
Im Strafrecht entscheidet vor allem die Prüfungsreihenfolge über
eine saubere Lösung.
Hier passieren die meisten Fehler durch Verwechslungen oder falsche
Prioritäten.
3.1 Richtige
Prüfungsreihenfolge
- Grundregel:
- Tatnächste
Person zuerst prüfen
- Schwerstes
Delikt zuerst
- Vorsatzdelikte
vor Fahrlässigkeitsdelikten
- Vollendetes
Delikt vor Versuch
- Täterschaft
vor Teilnahme ► Anstiftung vor Beihilfe
- Diese
Reihenfolge gibt Struktur und verhindert Doppelungen.
3.2 Tun vor
Unterlassen
- Zuerst
prüfen, ob eine aktive Handlung ein Begehungsdelikt erfüllt.
- Kommt
kein tatbestandsrelevantes Tun in Betracht, prüfen Sie unechte
Unterlassungsdelikte (§ 13 StGB, z. B. § 212 i. V. m. § 13 StGB) und danach
echte Unterlassungsdelikte (z. B. § 323c StGB).
- Beachten
Sie: Auch wenn sowohl Tun als auch Unterlassen denkbar sind, wird zuerst
das Begehungsdelikt behandelt; das Unterlassen folgt nachrangig.
·
Merke:
o
Beides prüfen. § 323c StGB ist prüfungsrelevant
und wird vollständig abgearbeitet, wenn der Sachverhalt Anknüpfungspunkte
bietet.
o
Konkurrenzen erst am Ende: Wird ein
unechtes Unterlassungsdelikt bejaht, tritt § 323c StGB im Ergebnis
regelmäßig zurück (Subsidiarität/Konsumtion).
o
Wird das unechte Unterlassen verneint (z. B.
mangels Garantenstellung), kommt § 323c StGB eigenständig in Betracht.
3.3 Korrektes
Ergebnis
- Das
Ergebnis muss sprachlich zum Obersatz passen.
- Falsch: „A könnte
sich wegen Totschlags strafbar gemacht haben.“ – Ergebnis im Konjunktiv.
- Richtig: „A hat
sich wegen Totschlags strafbar gemacht.“ – klare Aussage im Indikativ.
3.4
Sachverhalt in Komplexe gliedern
- Bei
umfangreichen Sachverhalten ist es sinnvoll, einzelne Abschnitte oder
Beteiligte getrennt zu prüfen.
- So
behalten Sie den Überblick und vermeiden, dass Argumentationen vermischt
werden.
4. Öffentliches Recht – typische Fehlerquellen
Das Öffentliche Recht schreckt viele Studierende zunächst ab, weil es sich
von den zivil- und strafrechtlichen Strukturen deutlich unterscheidet.
Gerade deshalb passieren hier immer wieder ähnliche Fehler, die sich mit der
richtigen Technik leicht vermeiden lassen.
4.1
Zulässigkeit sauber prüfen
- Die
Zulässigkeitsprüfung ist der erste Eindruck, den der Korrektor
gewinnt.
► Schon kleine Flüchtigkeitsfehler hier können den gesamten Aufbau wacklig wirken lassen. - Achten
Sie auf klassische Problemfelder:
- Statthaften
Klageart (§ 88 VwGO): richtet sich immer nach dem Klagebegehren des
Klägers
- Fristen
und Fristberechnungen
- Rechtsschutzbedürfnis
- Eilrechtschutz:
Abgrenzung § 80 Abs. 5 VwGO vs. § 123 VwGO
- Fortsetzungsfeststellungsklage:
wird Rechtswidrigkeit eines bereits erledigten Verwaltungsaktes
festgestellt, obwohl die ursprüngliche Anfechtungsklage nicht mehr
möglich ist ► besonderes Feststellungsinteresse erforderlich
4.2
Grundrechtsprüfungen
- Viele
Studierende tun sich mit Grundrechtsprüfungen schwer.
- Klarer
Aufbau:
- Schutzbereich
(personaler und sachlicher Schutzbereich unterscheiden)
- Eingriff
- Rechtfertigung
- Wichtig:
- Der
Eingriff muss positiv festgestellt werden.
- Die
Schranken des jeweiligen Grundrechts sauber benennen.
4.3
Verhältnismäßigkeit
- Die
Prüfung der Verhältnismäßigkeit wird oft zu oberflächlich behandelt.
- Definition:
Eine Maßnahme ist verhältnismäßig, wenn sie geeignet, erforderlich und angemessen ist, um ein legitimes Ziel zu erreichen. - Häufig
vergessen: Definition der Angemessenheit und eine klare
Interessenabwägung.
4.4 Richtige
Terminologie
- Verwenden
Sie die korrekten Begriffe:
- Bei
Verfahren vor dem BVerfG spricht man von Beschwerdegegner, nicht Klagegegner.
- Auch
beim einstweiligen Rechtsschutz ist die Terminologie entscheidend.
- Solche
Feinheiten zeigen, dass Sie das Öffentliche Recht wirklich verstanden
haben.
Fazit
Viele Fehler in juristischen Klausuren entstehen nicht, weil das Wissen
fehlt, sondern weil Technik und Aufbau nicht stimmen.
Wenn Sie diese typischen Fehler kennen und bewusst vermeiden, verbessern Sie
automatisch die Qualität Ihrer Klausuren – und damit auch Ihre Chancen auf
bessere Noten.
Wie wir Ihnen helfen können
Diese typischen Klausurfehler verschwinden nicht von heute auf morgen.
Sie sind das Ergebnis von fehlender Routine, Unsicherheit bei der
Schwerpunktsetzung und mangelnder Erfahrung mit echten Prüfungsfällen.
Nicht nur Studierende in den ersten Semestern, sondern auch
Examenskandidaten machen diese Fehler noch häufig – das sehen wir jeden Tag in
unseren Online-Klausurenkursen für Universitätsklausuren und Examen.
Selbst in der Nachhilfe oder im Examensrepetitorium begegnen uns diese Probleme
immer wieder.
Genau hier setzen wir bei My-Jura-Help an:
In unseren maßgeschneiderten 1:1-Unterrichtsformaten nimmt Sie Ihr
persönlicher Dozent oder Repetitor an die Hand und vermittelt Ihnen das
notwendige Handwerkszeug, um:
- den
Gutachtenstil sicher anzuwenden,
- Schwerpunkte
klar und sauber zu setzen,
- und Ihr
Wissen gezielt am Fall zu trainieren.
Egal, welchen Kurs Sie buchen – bei uns stehen Klausuren und echte Fälle
immer im Mittelpunkt.
Denn nur so lernen Sie, juristische Probleme strukturiert zu erkennen und
Fehler Schritt für Schritt zu vermeiden.
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