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Tag der Deutschen Einheit - Wiedervereinigung aus verfassungsrechtlicher Sicht

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Einleitung

Am 3. Oktober begeht Deutschland den Tag der Deutschen Einheit. Dieser Feiertag erinnert nicht nur an einen historischen Wendepunkt, sondern wirft auch spannende verfassungsrechtliche Fragen auf, die in Klausuren wie auch in mündlichen Prüfungen regelmäßig eine Rolle spielen. Denn die Wiedervereinigung von 1990 war nicht nur ein politisches, sondern auch ein tiefgreifendes verfassungsrechtliches Ereignis.

1. Der Weg der Wiedervereinigung

Die Wiedervereinigung war kein Ereignis, das „über Nacht“ geschah, sondern das Ergebnis eines vielschichtigen rechtlichen, politischen und völkerrechtlichen Prozesses. Ausgangspunkt war der friedliche Protest in der DDR 1989, der zum Zusammenbruch des SED-Regimes und schließlich zu freien Wahlen zur Volkskammer im März 1990 führte. Diese neue Volkskammer war erstmals demokratisch legitimiert und konnte daher überhaupt den historisch bedeutsamen Beschluss vom 23. August 1990 fassen, mit dem der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik nach Art. 23 GG a. F. erklärt wurde.

Der Einigungsvertrag vom 31. August 1990 legte die konkrete Ausgestaltung fest: Eingliederung der fünf neuen Länder, Anpassung der Rechtsordnung, Überleitung von Verwaltungs- und Justizstrukturen. In Art. 1 des Einigungsvertrags wurde bestimmt, dass das Grundgesetz in den neuen Ländern in Kraft tritt. Damit war die deutsche Einheit innerstaatlich verfassungsrechtlich vollzogen.

Völkerrechtlich gesichert wurde das Ganze durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag (BRD und DDR plus die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs). Dieser Vertrag regelte endgültig die Grenzen, die außenpolitische Souveränität und die militärischen Fragen des vereinten Deutschlands. Ohne diesen Schritt hätte die innere Wiedervereinigung keine dauerhafte Stabilität gehabt.

Für das Examen ist wichtig: Deutschland ist nicht „neu gegründet“ worden, sondern die Bundesrepublik hat fortbestanden – nur erweitert um die neuen Länder. Das Stichwort lautet Staatskontinuität. Das ist auch der Grund, warum Deutschland weiterhin Völkerrechtssubjekt mit allen Rechten und Pflichten blieb, insbesondere Mitgliedschaften in internationalen Organisationen und Vertragsbindungen.

2. Warum nicht Art. 146 GG?

Diese Frage ist einer der Klassiker in Klausuren und mündlichen Prüfungen – und sie bietet viel Diskussionsstoff.

a) Wortlaut und Intention der Normen

  • Art. 23 a. F.: Sah ausdrücklich den Beitritt „anderer Teile Deutschlands“ vor. Damit war der Weg eröffnet, die DDR zu integrieren.
  • Art. 146 GG: Verfassunggebende Alternative. Das Grundgesetz sollte „seine Gültigkeit an dem Tage verlieren, an dem eine vom deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossene Verfassung in Kraft tritt.“

b) Argumente für Art. 146 GG
Ein Teil der Literatur forderte 1990, die historische Chance für einen „Neustart“ zu nutzen. Argumente:

  • Starker demokratischer Legitimationsakt durch eine Volksabstimmung.
  • Möglichkeit, strittige Punkte neu zu gestalten (z. B. Verhältnis Bundesstaat/Zentralstaat, Stellung der Grundrechte, Staatsziele wie Umweltschutz oder Gleichberechtigung).
  • Symbolkraft: Ein vereintes Deutschland verdient eine neue, vom gesamten Volk verabschiedete Verfassung.

c) Argumente für Art. 23 a. F.
Die Politik entschied sich für Art. 23 GG a. F. – und das hatte gute Gründe:

  • Pragmatismus: Die Bevölkerung der DDR wollte schnelle Einheit, nicht jahrelange Verfassungsdiskussionen.
  • Stabilität: Das Grundgesetz hatte sich seit 1949 bewährt und wurde international anerkannt.
  • Rechtskontinuität: Ein Neubeginn über Art. 146 hätte Rechtsunsicherheiten mit sich gebracht (z. B. Frage nach der Weitergeltung bestehender Verträge).
  • Tempo: Historisch war es eine „Fenstersituation“. Niemand wusste, wie lange die politische Chance für die Einheit bestand.

d) Stellungnahme des Bundesverfassungsgerichts
Das BVerfG hat die Entscheidung für Art. 23 GG a. F. für verfassungsgemäß erklärt. Es betonte, das Grundgesetz sei von Anfang an als „gesamtdeutsche Verfassung“ konzipiert gewesen. Art. 146 GG eröffnete lediglich die Möglichkeit einer neuen Verfassung, er verpflichtete aber nicht dazu.

e) Examensrelevanz
In einer Klausur könnte man die Frage wie folgt aufbauen:

  • Prüfung der einschlägigen Normen (Art. 23 a. F. und Art. 146 GG).
  • Darstellung der Streitfrage: zwingender Volksverfassungsakt oder zulässiger Beitritt.
  • Argumente beider Seiten.
  • Ergebnis: Beitritt nach Art. 23 GG a. F. war zulässig, Art. 146 blieb bestehen.

3. Auswirkungen auf das Grundgesetz

Die Wiedervereinigung hatte unmittelbare Folgen für das Grundgesetz. Zunächst trat es in den neuen Ländern in Kraft, sodass die Grundrechte von einem Tag auf den anderen volle Wirkung für rund 16 Millionen Bürgerinnen und Bürger erhielten. Damit wurden nicht nur politische Freiheiten wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit verwirklicht, sondern auch die Justiz- und Verwaltungsorganisation nach den Maßstäben des Rechtsstaatsprinzips aufgebaut.

a) Föderale Neuordnung

Mit dem Beitritt der fünf neuen Länder (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) änderte sich die föderale Struktur spürbar:

  • Im Bundesrat wuchs die Stimmenzahl; die Mehrheitsbildung wurde komplexer.
  • Im Bundestag führte die größere Bevölkerung zu einer höheren Mandatszahl.
  • Auch die Finanzverfassung war betroffen: neue Länder erhielten Ausgleichszahlungen, der Finanzausgleich musste angepasst werden.

b) Präambeländerung und Verfassungsidentität

Ein besonders wichtiger Punkt war die Änderung der Präambel des Grundgesetzes. Vor 1990 sprach sie vom „gesamten deutschen Volk in den Ländern Baden, Bayern, …, Berlin“. Nach der Wiedervereinigung wurde die Präambel angepasst, um die erfüllte Einheit zu dokumentieren. Damit entfiel auch der ausdrückliche Auftrag, „die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“ – denn dieser Auftrag war erfüllt.

Für Examenskandidaten wichtig: Die Präambel hat zwar keine unmittelbare Normqualität, ist aber von verfassungsrechtlicher Ausstrahlungswirkung. Ihre Änderung war deshalb mehr als eine bloße Formalität – sie markierte den Übergang von der „Bundesrepublik im geteilten Deutschland“ zur Bundesrepublik als vereintem Deutschland.

c) Neuer Art. 23 GG (Europa)

Da der alte Art. 23 GG für die Wiedervereinigung genutzt worden war, schuf man 1992 einen neuen Art. 23 GG, der nun die europäische Integration regelt. Diese systematische „Umwidmung“ ist bis heute examensrelevant: Studierende müssen unterscheiden können zwischen dem Art. 23 a. F. (Wiedervereinigung) und dem heutigen Art. 23 (Europaartikel).

4. Examensrelevanz

Die Wiedervereinigung ist kein bloßes Randthema. Sie bündelt gleich mehrere Klassiker des Staatsorganisationsrechts:

  • Art. 23 a. F. vs. Art. 146 GG: Muss eine Wiedervereinigung durch eine neue Verfassung erfolgen oder reicht der Beitritt?
  • Staatskontinuität: Ist die Bundesrepublik identisch geblieben oder wurde ein neuer Staat gegründet?
  • Art. 79 III GG (Ewigkeitsklausel): Konnten die tragenden Strukturprinzipien durch den Einigungsvertrag oder eine neue Verfassung in Frage gestellt werden?
  • Föderalismus: Welche Bedeutung hat die Aufnahme neuer Länder für das Gleichgewicht im Bundesstaat?
  • Präambel: Welche normative Kraft entfaltet sie, und welche Rolle spielt sie im Lichte der Einheit?

In Klausuren könnte ein Sachverhalt so gestaltet sein, dass eine „hypothetische Wiedervereinigung“ geprüft wird oder eine Abwandlung, etwa: „Stellen Sie sich vor, 1990 wäre man den Weg über Art. 146 GG gegangen – wie wäre die Rechtslage?“ Solche Gedankenspiele fordern von Kandidaten nicht bloß Reproduktion, sondern dogmatische Reflexion. 

5. Typische Fragen in der mündlichen Prüfung

Erfahrungsgemäß greifen Prüfer den 3. Oktober in mündlichen Prüfungen gern auf. Er ist anschlussfähig, tagespolitisch und zugleich examensrelevant. Typische Fragen lauten etwa:

  • „Warum entschied man sich 1990 für Art. 23 GG a. F. und nicht für Art. 146 GG?“
  • „Welche Rolle spielte der Zwei-plus-Vier-Vertrag für die äußere Souveränität?“
  • „Welche Bedeutung hat die Präambeländerung 1990?“
  • „Welche Konsequenzen ergaben sich für den Bundesrat?“
  • „Was versteht man unter der Staatskontinuitätsthese?“
  • „Könnte heute noch eine Verfassung nach Art. 146 GG verabschiedet werden?“

Gerade die letzte Frage wird gerne gestellt: Denn Art. 146 GG gilt auch nach 1990 unverändert fort. Das Grundgesetz versteht sich also weiterhin als „offen für einen verfassungsgebenden Akt des gesamten Volkes“, wenngleich die politische Realität dies derzeit nicht nahelegt. Kandidaten, die dies wissen, zeigen nicht nur Kenntnisse, sondern auch Gespür für die politische Dimension. 

6. Prüfungsschema: Art. 23 a. F. vs. Art. 146 GG

a)    Normen
Ausgangspunkt ist zunächst der Vergleich der beiden einschlägigen Normen. Der alte Art. 23 GG a. F. eröffnete die Möglichkeit, dass „andere Teile Deutschlands“ dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beitreten konnten. Es handelte sich also um einen klar formulierten Integrationsmechanismus, der den Weg für die Wiedervereinigung rechtlich vorzeichnete.
Demgegenüber regelt Art. 146 GG, dass das Grundgesetz seine Gültigkeit an dem Tag verliert, an dem das deutsche Volk in freier Entscheidung eine neue Verfassung beschließt. Diese Vorschrift enthält damit die Option eines verfassungsgebenden Neubeginns, der durch eine Volksabstimmung legitimiert werden müsste.

b)    Streitstand
Umstritten war 1990 die Frage, welcher Weg für die deutsche Einheit zwingend zu beschreiten war.

  • Befürworter von Art. 146 GG betonten, dass eine Wiedervereinigung von historischer Tragweite nur durch eine neue, vom gesamten deutschen Volk beschlossene Verfassung angemessen legitimiert werden könne. Dieser Weg hätte die Chance geboten, Grundsatzfragen – etwa die Stellung der Grundrechte, die Einbindung neuer Staatsziele oder die Balance zwischen Bund und Ländern – neu zu gestalten. Auch die Symbolwirkung eines demokratisch beschlossenen Neubeginns wäre besonders stark gewesen.
  • Befürworter von Art. 23 GG a. F. hoben hingegen hervor, dass dieser Weg schneller und rechtssicher sei. Die Bevölkerung der DDR habe vor allem eine zügige Einheit gewünscht; eine langwierige Verfassungsdiskussion hätte die Dynamik gefährden können. Zudem habe sich das Grundgesetz seit 1949 bewährt, sodass es nahegelegen habe, es auf das gesamte Deutschland zu erstrecken. Auch völkerrechtliche Aspekte, insbesondere die Stabilität bestehender Verträge, sprachen für den Beitritt nach Art. 23 GG a. F.

c)    Rechtsprechung
Das Bundesverfassungsgericht hat in späteren Entscheidungen ausdrücklich festgestellt, dass der Weg über Art. 23 GG a. F. verfassungsgemäß war. Es betonte, dass das Grundgesetz von Anfang an als gesamtdeutsche Verfassung gedacht gewesen sei. Art. 146 GG eröffnete lediglich die Möglichkeit eines verfassungsgebenden Neubeginns, verpflichtete aber nicht zwingend zu diesem Schritt. Damit war die Entscheidung, den Beitritt über Art. 23 GG a. F. zu vollziehen, rechtlich tragfähig.

d)    Rechtsfolgen
Die Wahl des Beitrittsweges hatte mehrere rechtliche Konsequenzen:

  • Die Bundesrepublik Deutschland blieb als Staat identisch bestehen; es wurde kein neuer Staat gegründet, sondern lediglich die Zahl ihrer Länder erweitert.
  • Das Grundgesetz blieb in seiner bisherigen Form bestehen und wurde lediglich auf die neuen Bundesländer erstreckt.
  • Ab dem 3. Oktober 1990 galten die Grundrechte für alle Bürgerinnen und Bürger im gesamten Bundesgebiet, einschließlich der neuen Länder.
  • Die föderale Struktur wurde erweitert: Der Bundesrat erhielt zusätzliche Stimmen, die bundesstaatliche Balance veränderte sich, und der Finanzausgleich musste neu geordnet werden.

 

Fazit

Der Tag der Deutschen Einheit ist nicht nur ein historischer Feiertag, sondern ein juristisches Lehrstück. Er zeigt, wie flexibel das Grundgesetz war, um einen politischen Ausnahmezustand rechtsstaatlich aufzufangen. Für Examenskandidaten ist er ein Dauerbrenner, weil er die großen Themen des Staatsorganisationsrechts – Verfassung, Demokratie, Kontinuität, Föderalismus, Grundrechte – in einem Fall bündelt.

Gerade im mündlichen Examen ist es ein ideales Gesprächsthema: Wer hier sicher zwischen Art. 23 a. F. und Art. 146 GG differenziert, die Argumente kennt und ihre Tragweite einordnet, sammelt schnell Punkte.

 

Gerade der Tag der Deutschen Einheit zeigt, wie eng Geschichte und Verfassungsrecht miteinander verwoben sind – und warum solche Themen im Examen so beliebt sind. Wenn Sie sich optimal auf diese und viele weitere Prüfungsfragen vorbereiten möchten, begleiten wir Sie mit unserer langjährigen Erfahrung auf Ihrem individuellen Weg.

 

Ihr My-Jura-Help-Team

 

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Typische Klausurfehler – darauf sollten Sie achten

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Einleitung

Typische Klausurfehler - ©My-Jura-Help
Wer Jura studiert, kennt es: Wochenlanges Lernen, unzählige Karteikarten, und dann kommt der große Moment – die Klausur. Doch trotz guter Vorbereitung fallen viele Studierende in dieselben Fallen.

Das Ergebnis: wertvolle Punkte gehen verloren, nicht weil das Wissen fehlt, sondern weil es nicht korrekt angewendet oder präsentiert wird.

In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen die häufigsten Fehler, die immer wieder in Klausuren auftreten – von der Zwischenprüfung bis zum Examen. Wenn Sie wissen, worauf es ankommt, können Sie Ihre Klausuren strukturierter angehen und vermeiden, dass formale oder methodische Schwächen Ihre Note drücken.

 

1. Allgemeine Klausurfehler – die Klassiker

Diese Fehler passieren quer durch alle Rechtsgebiete. Sie kosten unnötig Punkte und lassen sich mit etwas Übung leicht vermeiden.

1.1 Sprache und Ausdruck

  • Verwenden Sie klare und präzise Formulierungen.
    Lange Schachtelsätze, Füllwörter wie „klar“ oder „zweifelsohne“ sowie Umgangssprache („kriegen“ statt „bekommen“) sollten vermieden werden.
  • Juristische Terminologie ist wichtig, aber bitte nicht überfrachten.
    Ein zu technischer Text wirkt schnell unverständlich.
  • Achten Sie auf korrekte Schreibweise juristischer Begriffe – kleine Fehler wie „kommolativ“ statt „kumulativ“ wirken unprofessionell.
  • Lesen Sie Ihre Klausur am Ende noch einmal kurz durch, um Flüchtigkeitsfehler zu entdecken.

 

1.2 Gutachtenstil richtig anwenden

  • Der Gutachtenstil ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um problematische Punkte sauber zu prüfen.
    Unproblematisches kann im Feststellungsstil kurz dargestellt werden.

Falsch:
„A und B haben einen Kaufvertrag geschlossen, da sie sich über die Übereignung geeinigt haben.“

Richtig:
„A und B könnten einen wirksamen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB geschlossen haben.
A bot im Sinne des § 145 BGB dem B den Fernseher zu einem Kaufpreis von 500 € an. B nahm dieses Angebot fristgerecht im Sinne des § 147 Abs. 1 BGB an, sodass beide übereinstimmende Willenserklärungen für das wirksame Zustandekommen eines Kaufvertrages gemäß § 433 BGB vorliegen.“

  • Definitionen dürfen nicht nur genannt, sondern müssen sauber in die Subsumtion eingebaut werden – der Sachverhalt muss in die Norm „hineinpassend“ geprüft werden.

 

1.3 Sachverhalt nicht „zurechtbiegen“

  • Bleiben Sie streng beim Text des Sachverhalts.
    Interpretieren Sie nichts hinein, was nicht dort steht, und lassen Sie nichts weg.
  • Jede Angabe im Sachverhalt hat in der Regel eine Bedeutung.
    Beispiel: Mehrere Datumsangaben deuten auf Fristprobleme hin.
  • Prüfen Sie nicht auf Basis des „gesunden Menschenverstands“, sondern immer auf Grundlage der vorgegebenen Informationen aus dem Sachverhalt.

 

1.4 Schwerpunktsetzung

  • Arbeiten Sie das Problematische ausführlich und im Gutachtenstil heraus.
  • Unproblematisches sollte knapp dargestellt werden.
    ► Wer einfache Punkte zu lang ausführt, signalisiert Unsicherheit und verschenkt Zeit.
  • Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche: „Was will die Fallfrage wissen?“

 

1.5 Logik und Aufbau

  • Ein gut strukturierter Aufbau ist die halbe Miete.
    • Prüfen Sie zuerst, ob ein Anspruch überhaupt entstanden ist, bevor Sie Untergang oder Durchsetzbarkeit prüfen.
    • Im Strafrecht gilt: Vorsatz vor Fahrlässigkeit, Tun vor Unterlassen, vollendet vor versucht.
  • Zwischenergebnisse helfen, den Leser zu führen und Ihre Argumentation klarzumachen.
  • Arbeiten Sie mit klaren Überschriften und Obersätzen, damit der Korrektor Ihren Gedankengang nachvollziehen kann.

 

1.6 Normen sauber zitieren

  • Geben Sie Normen vollständig an:
    § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO – nicht nur „§ 40 VwGO“.
  • So zeigen Sie, dass Sie die Vorschrift genau kennen und richtig anwenden.
  • Ein sauberer Normbezug signalisiert Sorgfalt und Professionalität.

 

1.7 Die Fallfrage beachten

  • Klingt banal, wird aber oft übersehen: Lesen Sie die Fallfrage genau!
    • Geht es um Ansprüche?
    • Oder um die rechtliche Bewertung der Gesamtsituation?

 

 

2. Zivilrecht – typische Fehlerquellen

Das Zivilrecht ist das Herzstück vieler Klausuren im Jurastudium. Hier gibt es klare Strukturen, die unbedingt eingehalten werden müssen. Schon kleine Ungenauigkeiten führen sonst dazu, dass Sie sich im Aufbau verirren oder Punkte verlieren.

 

2.1 Anspruchsaufbau strikt einhalten

  • Merksatz: „Entstanden – Untergegangen – Durchsetzbar“
  • Prüfen Sie immer in dieser Reihenfolge und stellen Sie sicher, dass Sie:
    1. den Anspruchsgrund genau benennen,
    2. alle Voraussetzungen prüfen,
    3. erst danach prüfen, ob er untergegangen oder nicht durchsetzbar ist.
  • Vermeiden Sie, Prüfungspunkte zu vermischen.
    Beispiel: Pflichtverletzung nicht gleichzeitig mit Vertretenmüssen prüfen.

 

2.2 Abstraktionsprinzip beachten

  • Typischer Fehler: Eigentum wird aus dem Kaufvertrag „abgeleitet“.
    Falsch! Eigentumsübergang folgt immer aus den Regeln des Sachenrechts.
  • Der Eigentumsanspruch wird nicht aus dem schuldrechtlichen Vertrag hergeleitet.
  • Im Zweifel formulieren Sie einen kurzen Zusatzsatz:
    „Der Kaufvertrag verpflichtet nur zur Übereignung. Die Eigentumsübertragung erfolgt nach § 929 BGB.“

 

2.3 Vertretenmüssen ≠ Verschulden

  • In § 280 Abs. 1 S. 2 BGB wird das Vertretenmüssen geprüft, nicht nur das Verschulden.
  • Das Vertretenmüssen ist weiter gefasst und umfasst auch Fälle, in denen jemand für fremdes Verschulden haftet, z. B. nach § 278 BGB (Erfüllungsgehilfe).
  • Tipp: Machen Sie sich klar, dass das Vertretenmüssen der Oberbegriff ist – Verschulden ist nur ein Teil davon.

 

2.4 Schadensrecht sorgfältig prüfen (§§ 249 ff. BGB)

  • Häufig werden die Grundlagen des Schadensrechts zu oberflächlich geprüft.
  • Prüfen Sie bei Schadensersatz immer systematisch:
    1. Schaden: Liegt ein ersatzfähiger Schaden vor?
    2. Kausalität: Wurde er durch die Pflichtverletzung verursacht?
    3. Rechtsfolge: Welche Form des Schadensersatzes ist einschlägig (§§ 249 ff. BGB)?
  • Häufig vergessen: der Unterschied zwischen Naturalrestitution (§ 249 BGB) und Geldersatz (§ 251 BGB).

 

2.5 Ansprüche vs. Gestaltungsrechte unterscheiden

  • Anspruch: jemand kann von einem anderen ein Tun oder Unterlassen verlangen.
  • Gestaltungsrecht: verändert unmittelbar eine Rechtslage, ohne dass eine Handlung des anderen nötig ist (z. B. Rücktritt, Anfechtung).
  • Typischer Fehler:
    Studierende prüfen ein Gestaltungsrecht wie einen Anspruch – das führt zu falschem Aufbau und Punktabzug.
    ► Achten Sie darauf, den richtigen Einstieg zu wählen!

 

Tipp am Rande:
Wenn Sie unsicher sind, welcher Anspruch oder welches Recht einschlägig ist, überlegen Sie,

  • ob jemand etwas von jemand anderem will (Anspruch), oder
  • ob jemand allein durch Erklärung etwas ändern kann (Gestaltungsrecht).

 

3. Strafrecht – typische Fehlerquellen

Im Strafrecht entscheidet vor allem die Prüfungsreihenfolge über eine saubere Lösung.
Hier passieren die meisten Fehler durch Verwechslungen oder falsche Prioritäten.

 

3.1 Richtige Prüfungsreihenfolge

  • Grundregel:
    1. Tatnächste Person zuerst prüfen
    2. Schwerstes Delikt zuerst
    3. Vorsatzdelikte vor Fahrlässigkeitsdelikten
    4. Vollendetes Delikt vor Versuch
    5. Täterschaft vor Teilnahme ► Anstiftung vor Beihilfe
  • Diese Reihenfolge gibt Struktur und verhindert Doppelungen.

 

3.2 Tun vor Unterlassen

  • Zuerst prüfen, ob eine aktive Handlung ein Begehungsdelikt erfüllt.
  • Kommt kein tatbestandsrelevantes Tun in Betracht, prüfen Sie unechte Unterlassungsdelikte (§ 13 StGB, z. B. § 212 i. V. m. § 13 StGB) und danach echte Unterlassungsdelikte (z. B. § 323c StGB).
  • Beachten Sie: Auch wenn sowohl Tun als auch Unterlassen denkbar sind, wird zuerst das Begehungsdelikt behandelt; das Unterlassen folgt nachrangig.

·         Merke:

o    Beides prüfen. § 323c StGB ist prüfungsrelevant und wird vollständig abgearbeitet, wenn der Sachverhalt Anknüpfungspunkte bietet.

o    Konkurrenzen erst am Ende: Wird ein unechtes Unterlassungsdelikt bejaht, tritt § 323c StGB im Ergebnis regelmäßig zurück (Subsidiarität/Konsumtion).

o    Wird das unechte Unterlassen verneint (z. B. mangels Garantenstellung), kommt § 323c StGB eigenständig in Betracht.

 

3.3 Korrektes Ergebnis

  • Das Ergebnis muss sprachlich zum Obersatz passen.
  • Falsch: „A könnte sich wegen Totschlags strafbar gemacht haben.“ – Ergebnis im Konjunktiv.
  • Richtig: „A hat sich wegen Totschlags strafbar gemacht.“ – klare Aussage im Indikativ.

 

3.4 Sachverhalt in Komplexe gliedern

  • Bei umfangreichen Sachverhalten ist es sinnvoll, einzelne Abschnitte oder Beteiligte getrennt zu prüfen.
  • So behalten Sie den Überblick und vermeiden, dass Argumentationen vermischt werden.

 

4. Öffentliches Recht – typische Fehlerquellen

Das Öffentliche Recht schreckt viele Studierende zunächst ab, weil es sich von den zivil- und strafrechtlichen Strukturen deutlich unterscheidet.
Gerade deshalb passieren hier immer wieder ähnliche Fehler, die sich mit der richtigen Technik leicht vermeiden lassen.

4.1 Zulässigkeit sauber prüfen

  • Die Zulässigkeitsprüfung ist der erste Eindruck, den der Korrektor gewinnt.
    ► Schon kleine Flüchtigkeitsfehler hier können den gesamten Aufbau wacklig wirken lassen.
  • Achten Sie auf klassische Problemfelder:
    • Statthaften Klageart (§ 88 VwGO): richtet sich immer nach dem Klagebegehren des Klägers
    • Fristen und Fristberechnungen
    • Rechtsschutzbedürfnis
    • Eilrechtschutz: Abgrenzung § 80 Abs. 5 VwGO vs. § 123 VwGO
    • Fortsetzungsfeststellungsklage: wird Rechtswidrigkeit eines bereits erledigten Verwaltungsaktes festgestellt, obwohl die ursprüngliche Anfechtungsklage nicht mehr möglich ist ► besonderes Feststellungsinteresse erforderlich

 

4.2 Grundrechtsprüfungen

  • Viele Studierende tun sich mit Grundrechtsprüfungen schwer.
  • Klarer Aufbau:
    1. Schutzbereich (personaler und sachlicher Schutzbereich unterscheiden)
    2. Eingriff
    3. Rechtfertigung
  • Wichtig:
    • Der Eingriff muss positiv festgestellt werden.
    • Die Schranken des jeweiligen Grundrechts sauber benennen.

 

4.3 Verhältnismäßigkeit

  • Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit wird oft zu oberflächlich behandelt.
  • Definition:
    Eine Maßnahme ist verhältnismäßig, wenn sie geeignet, erforderlich und angemessen ist, um ein legitimes Ziel zu erreichen.
  • Häufig vergessen: Definition der Angemessenheit und eine klare Interessenabwägung.

 

4.4 Richtige Terminologie

  • Verwenden Sie die korrekten Begriffe:
    • Bei Verfahren vor dem BVerfG spricht man von Beschwerdegegner, nicht Klagegegner.
    • Auch beim einstweiligen Rechtsschutz ist die Terminologie entscheidend.
  • Solche Feinheiten zeigen, dass Sie das Öffentliche Recht wirklich verstanden haben.

 

Fazit

Viele Fehler in juristischen Klausuren entstehen nicht, weil das Wissen fehlt, sondern weil Technik und Aufbau nicht stimmen.
Wenn Sie diese typischen Fehler kennen und bewusst vermeiden, verbessern Sie automatisch die Qualität Ihrer Klausuren – und damit auch Ihre Chancen auf bessere Noten.

 

Wie wir Ihnen helfen können

Diese typischen Klausurfehler verschwinden nicht von heute auf morgen.
Sie sind das Ergebnis von fehlender Routine, Unsicherheit bei der Schwerpunktsetzung und mangelnder Erfahrung mit echten Prüfungsfällen.

Nicht nur Studierende in den ersten Semestern, sondern auch Examenskandidaten machen diese Fehler noch häufig – das sehen wir jeden Tag in unseren Online-Klausurenkursen für Universitätsklausuren und Examen.
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